18. September 2015

"45. Facharbeitstagung der Arbeitsgemeinschaft für kulturelle Heimatsammlungen (ArGe)" in Brannenburg im "ver.di Bildungszentrum"

Etwa hundert Heimatmuseen und  -archive in Deutschland, Österreich , Böhmen, Mähren und Schlesien betreuen Kulturgüter der Vertriebenen. 42 Träger, Leiter und Betreuer der "Arbeitsgemeinschaft für kulturelle Heimatsammlungen (ArGe)"  trafen sich  vom 18. bis 20. 09. 2015  im "verdi-Bildungszentrum" www.haus-brannenburg.de zu Vorträgen, Gesprächen und zur Fortbildung unter dem Motto "Aspekte der Wirtschaftsgeschichte Böhmens und Mährens". Meine Frau Hanna und ich vertraten die "Sammlung Noweyana".

Dr. Raimund Paleczek referierte über die regionale Wirtschaftsentwicklung in den  böhmischen Ländern. Exemplarisch beschrieb er die Ökonomiebereiche Glas, Holz, Kohle, Textilien und Lebensmittelerzeugung. Das Bäderdreieck im Egerland und der Musikinstrumentenbau im Erzgebirge waren weltberühmt. Das "Pilsner Škoda-Werk" war wegweisend für die Industrialisierung. "Pilsner Bier" war international geschätzt und erfährt in der "Weltkulturhauptstadt 2015" wiederum gesteigerte Bedeutung.

Vertriebene hinterließen hervorragende Fabriken, Betriebsanlagen und Maschinen – technisches und wirtschaftliches Know-how haben sie in ihren Köpfen zum Aufbau einer "zweiten Heimat" mitgenommen.

Anita Zwicknagl, M.A., Museumsleiterin der Stadt Geretsried in Oberbayern, berichtete über "Fleiß und Improvisationstalent vertriebener Egerländer" aus Graslitz, Tachau und Karlsbad, die in  "bombardierten Bunkeranlagen" sozioökonomische und kulturelle Initiativen entwickelten und bereits 1950 die Gemeinde Geretsried gründeten.  In der seit 1970 wirtschaftsstarken Stadt Geretsried werden auch "mitgebrachte Traditionen und Bräuche" gepflegt, wie Dokumente bei einem Besuch des Stadtmuseums  veranschaulichten.

Die Historikerin Ingrid Sauer M.A. betreut im Bayerischen Haupstaatsarchiv in München  "Schriftgutsammlungen", auch die "Noweyana". Sie referierte über "Quellen zur Wirtschaftsgeschichte im Sudetendeutschen Archiv". Eine "schier unerschöpfliche Fundgrube" warte auf eine wissenschaftliche Aufarbeitung. Modellhaft wurde dies für die Ökonomiebranchen Glasindustrie, Schuhfabrikation und Brauereiwesen demonstriert.

Zur "Wirtschaftsgeschichte" präsentierte ich Publikationen aus der "Schriftgutsammlung Noweyana" und Dokumentationen aus der "Sachgutsammlung Nowey" mit Blick auf die grenzüberschreitende "Bildungsregion Euregio Egrensis  inmitten Europas":

Mein Vater Josef Nowey arbeitete von 1928 bis 1936 in den Premierwerken Eger als Werkzeugschlosser und zuletzt als Kontroller. Von 1937 bis 1943 selbständig in eigener Werkstätte in Neubäu. Mit meinem "Premier-Jugendrad" fuhr ich von 1938 bis 1941 in die sieben Kilometer entfernte Bürgerschule nach Weißensulz und als Spätheimkehrer seit 1950 bis heute durch das "Wittelsbacherland".

An der Wirtschaftsfakultät Cheb/Eger Initiierte ich 1994 das Symposium: "Bildungsregion Euregio Egrensis", das auch sozioökonomische Bedingungsfaktoren des Bildungsverhaltens erarbeitete.

Die kleinräumliche Wirtschaftsstruktur des Egerlandes bot viele berufliche Möglichkeiten, in der Land- und Forstwirtschaft, im Gewerbe und in Fabriken. Im  "Bäderdreieck" arbeiteten viele Egerländer. Grenzüberschreitend waren in der Oberpfalz viele Bauarbeiter tätig. Mein Großvater  arbeitete in Nabburg und meine Großmutter verkaufte Klöppelspitzen in das "Schönseer Land".

Die Gründungsbeauftragte des "Sudetendeutschen Museums" Dr. Elisabeth Fendl  erklärte, wie Wirtschaftsgeschichte des Sudetenlandes branchenspezifisch jeweils am Beispiel einer Region museal aufgezeigt wird, etwa "Bergbau im Erzgebirge" oder "Kurorte im Bäderdreieck des Egerlandes". Industriegeschichte werde auch durch historische Ausstellungen auf regionalen und internationalen Messen präsentiert.

Frau  Herdis Kley vom "Institut für Museumsforschung Berlin" stellte die "Deutsche Digitale Bibliothek DDB"  als  "eine weitere  Präsentationsplattform für Heimatsammlungen"  vor.

Museums-, Archiv- und Bibliotheksbestände sind aus einem vernetzten "Internet-Forum" unter www.deutsche-digitale-bibliothek.de online abrufbar. 2305 Kultur- und Wissenschaftsinstitutionen sind gegenwärtig beteiligt. Tendenz steigend. Die Deutsche Nationalbibliothek (DNB) ist Koordinator des "Kompetenznetzwerkes", in das auch die Bayerische Staatsbibliothek (BSB) integriert ist.

Daher sind – unter anderem – im  "DNB-Katalog": 85 Bücher, im "BSB-Verbundkatalog": 272 Bücher der "Noweyana-Literatur" registriert. Somit  ist auch die "Schriftgutsammlung Noweyana" über die "Deutsche Digitale Bibliothek DDB" zugänglich.

Kurzprofil

Dr. phil. Waldemar Nowey (* 11. März 1927 in Neubäu, Egerland) ist ein deutscher Pädagoge, Bildungsforscher und Schriftsteller.

Nach Anstellungen als Lehrer und Schulleiter in Bayern promovierte er 1964 an der Universität München. Anschließend war er als Ausbildungslehrer an der Pädagogischen Hochschule in Augsburg tätig. Von 1969 bis 1989 führte er Studien für das Kultusministerium Bayern durch. In der Deutschen Nationalbibliothek sind 82 Publikationen unter seinem Namen verzeichnet.

Nowey ist verheiratet und hat zwei inzwischen verheiratete Töchter.

Siehe auch Wikipedia.